Hl. Philipp Neri

„Auch sollen wir den glorreichen heiligen Joseph, den Bräutigam der allerseligsten Jungfrau, mit tiefer Andacht verehren. Unaussprechlich viel Gutes entspringt für die Seele aus der Andacht zu diesem großen Heiligen.“

~ aus der „Schule des hl. Philipp“

Der hl. Philipp Neri (1515–1595) gilt als „zweiter Apostel Roms“. Eigentlich wollte er dem hl. Franz Xaver nach Indien folgen, um als Missionar die Ungläubigen zu bekehren. Doch der Abt von Tre Fontane, ein heiligmäßiger und weiser Beichtvater überzeugte ihn, dass seine Berufung im Herzen der Christenheit lag: „Dein Indien ist Rom!“ So verblieb der gebürtige Florentiner, der im Alter von 19 Jahren nach Rom gezogen war, bis an sein Lebensende in der Ewigen Stadt. Seinem apostolischen Wirken ist es zu verdanken, dass Rom, das in dieser Zeit der Renaissance teils in schlimmster Sittenlosigkeit versunken war, „ein zweites Mal“ bekehrt wurde.

Was wenige wissen: Dieser charismatische, fröhliche und witzige Heilige war ein großer Mystiker. Viele seiner Späße und Possen hatten nicht nur einen „apostolischen Nutzen“, indem sie dem Christentum ein fröhliches Antlitz verleihen wollten. Sie dienten vor allem dem Zweck, seine große Heiligkeit gleichsam zu verdecken. Der hl. Philipp wusste, dass wahre Heiligkeit in der Verborgenheit zu suchen war. Während seiner ersten Jahre in der großen Stadt lebte er phasenweise als Eremit. Ihn zog es besonders in die dunklen Tiefen der Katakomben, wo er sich Betrachtungen, Gebeten und Bußübungen hingab. Dort erlebte er auch sein mystisches „Pfingstereignis“: Bei einer Nachtwache zu Pfingsten 1544 ergriff der Hl. Geist in Gestalt eines Feuerballs das Herz des hl. Philipp, das seitdem wundersam geweitet war. Auch als er später – erst im Alter von 36 Jahren – auf Drängen seines Beichtvaters zum Priester geweiht wurde und fortan als Seelsorger mitten in der Welt wirkte, lebte er doch innerlich weiter als Eremit: Seine Heiligkeit blieb vor der Welt verborgen, indem er vor den Menschen den Narren spielte und daher auch von vielen zunächst kaum ernst genommen wurde. Die mystische Tiefe seiner Gottesbeziehung blieb ein Geheimnis.

Freilich nahm seine Heiligkeit so sehr zu, dass sie bald kaum mehr zu verdecken war. Doch je mehr er als Heiliger galt, umso alberner und lächerlicher präsentierte er sich vor den Menschen. Durch diese Diskrepanz zwischen der äußerlichen Rolle des Narren einerseits und des innerlich verborgenen Mystikers andererseits können wir auch erst den Leitspruch des hl. Philipp wirklich verstehen: „Amare nesciri“ – „lieben, nicht gekannt zu werden“. Auf den ersten Blick wirkt dieser Leitspruch aus dem Munde eines so leutseligen Priesters völlig paradox. Doch während dieser exzentrische Priester in ganz Rom stadtbekannt und in aller Munde war, versuchte er zugleich, sein eigentliches Wesen, das unaussprechlich tief von der göttlichen Liebe durchdrungen war, so gut er es eben vermochte, vor den Augen der Welt zu verbergen. Dies ist umso bemerkenswerter, weil er von seiner fröhlich-geselligen und charmanten Natur aus eigentlich nicht zur Verborgenheit, sondern im Gegenteil zur Ostentation und Selbstdarstellung veranlagt war. Sein großer „Erfolg“ als Menschenfischer barg die Versuchung, dies als sein eigenes Verdienst anzusehen – vielleicht nicht explizit, aber doch so, dass sich bei ihm irgendwann das Gefühl einschleichen konnte, dass er ein „toller Kerl“ war. Er war bei allen beliebt und hätte sich in dieser Beliebtheit sozusagen „sonnen“ können; anders gesagt hätte er, rein menschlich betrachtet, so ziemlich „mit sich selbst zufrieden“ sein können.

Er hatte jedoch wie sein Zeitgenosse, der hl. Johannes vom Kreuz, erkannt, dass Eitelkeit und Stolz sich auch und gerade da, wo wir Gutes tun, ganz subtil einschleichen, dadurch den Wert eines jeden guten Werkes und am Ende das geistliche Leben überhaupt zerstören können. Der hl. Philipp entwickelte daher eine umso tiefere Abneigung gegen jede noch so unscheinbare Form der eitlen Selbstliebe und übte eine umso größere Selbstverleugnung. Daher wollte er lieber als Narr denn als Heiliger gelten. Den Zeugen der von ihm unzählig gewirkten Wunder verbat er streng, anderen davon zu erzählen. Theologisch hochgebildet, gab er sich oft unbedarft und erstaunte umso mehr seine Umgebung, wenn bei seltenen Momenten doch etwas von seinem Wissen durchblitzte. Um nicht einmal den Anschein der Gelehrsamkeit zu geben, verkaufte er einmal alle seine Bücher. In Anwesenheit hochgestellter Persönlichkeiten, die ihm die Aufwartung machten, stellte er sich manchmal geradezu dumm. Er tat alles, um seine Heiligkeit verborgen zu halten.

Damit ist gerade er, der charismatische Großstadtapostel, in gewisser Weise ein besonders treuer Sohn des hl. Joseph gewesen. Der hl. Philipp lehrt uns, wie den Tugenden des hl. Joseph nachzueifern auch mitten in der Welt möglich ist. Das Alleinsein mit Christus, stille Verborgenheit und Schlichtheit des Herzens – all das können wir auch dann üben, wenn wir von geselliger Natur sind und uns mitten im Trubel befinden. Entscheidend sind immer unsere innere Haltung und der Grund unseres Herzens, das Gott allein kennt. Unscheinbare Pflichterfüllung und demütige Selbstverleugnung sind der Schlüssel zur Heiligkeit, auch wenn diese je nach Persönlichkeit nach außen hin eine andere Gestalt annimmt.

Hl. Joseph, bitte für uns!

Hl. Philipp, bitte für uns!


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